Geschichte der Juden in der Lausitzer Mark, Niederlausitz und Luckau
11. Jahrhundert
Die Lausitzer Mark bildete sich im 11. Jahrhundert und wurde von den Markgrafen aus dem Geschlecht der Wettiner verwaltet. Noch bis ins 12. Jahrhundert beanspruchten auch die polnischen Könige das Gebiet für ihr Reich und konnten zeitweise den östlichen Teil auch beherrschen.
13. Jahrhundert
1265 erlässt Markgraf von Meißen als Landesherr der Lausitz eine Judenordnung, die den Schutz der Juden in der Region regelt. Im 13. und 14. Jahrhundert war die Lausitz zwischen den meißnischen Wettinern und den Askaniern der Wittenberger und der Brandenburger Linie umstritten. Eine jüdische Siedlung soll sich schon im 13. Jahrhundert an der östlichen Stadtgrenze, zunächst außerhalb der bürgerlichen Stammsiedlung in Guben befunden haben.
14. Jahrhundert
Am 13. 10. 1319 verleiht Herzog Rudolf von Sachsen der Stadt Guben das Recht, dass die jetzt und später in ihr wohnenden Juden gleich anderen Bürgern "czu der stat rechte" sitzen sollen. 1336 kommt es zwischen Rudolf von Sachsen und den Städten Berlin-Cölln zu Unstimmigkeiten wegen einem Juden. Sein Kammerknecht Schmolke wurde gefangen gehalten, weil er eine Schuldforderung gegen die Bürger der Städte einfordern sollte. Der Herzog lenkt ein und spricht die Städte von ihrer Schuld frei. Ob in der Lausitzer Mark 1348 wie in der Mark Brandenburg in Folge des Ausbruchs der Pest Judenverfolgungen stattfinden, ist umstritten. Ludwig der Römer (1351-1365), Markgraf Ludwig II. und Kurfürst von Brandenburg erhält 1351 durch Tausch die Niederlausitz. Da er verschuldet ist, verpfändet er 1360 das Land Lausitz an die Markgrafen Friedrich, Balthasar, Ludwig und Wilhelm von Meißen. Aber auch Juden werden an Städte oder Einzelpersonen verpfändet. Die Juden zu Luckau und zu Guben wurden für 150 Mark brandenburgischen Silbers an den Bürger Tyle von Kalowe (Thilo von Kalow) zu Luckau verpfändet. 1367 integrierte Kaiser Karl IV. die Lausitz in die böhmische Krone, deren Nebenland es bis zum Prager Frieden (1635) blieb. 1389 nahm Landvogt Jeschko Lubolitz, früher Hauptmann zu Luckau, viele Juden in die Stadt auf gegen eine jährliche Abgabe, die sie ihm entrichten mussten, während sie anderwärts hart bedrückt und verfolgt wurden.
15. Jahrhundert
1408 beurkunden die Fleischhauer und die Juden zu Guben eine Schlachtordnung. 4 Juden dürfen Schlachtbänke betreiben und nur diese dürfen Vieh kaufen. Sigmund von Luxemburg, seit 1410 römisch-deutscher König, erleidet in den Hussitenkriegen massive Mißerfolge. Um die erforderlichen militärischen und finanziellen Mittel für den böhmischen Feldzug zu erlangen, lädt er im Sommer 1422 die Reichsstände nach Nürnberg ein. Kein Reichsangehöriger sollte sich diesem Ansinnen entziehen. Da von den Juden keine persönlichen Kriegsdienste gefordert werden, sollen sie Geldbeiträge leisten. Im September des Jahres verpfändet er das Fürstentum Lausitz mit allen Schlössern und Städten an Hans von Polenz, weil er bei ihm 7859 Schock Groschen Schulden hat. 1423 wird die außerordentliche Judensteuer erlassen (der dritte Pfennig von ihrem Gut), welche aber die Zustimmung des jeweiligen Landesherrn bedurfte. Die Mehrzahl der Reichsstände verhielt sich dem Steuergesetz gegenüber zurückhaltend oder gar ablehnend. Am 18. 2. 1425 stellten verschiedene Bürger und Herren von Luckau gemeinschaftlich eine Verschreibung über die Summe von 80 Schock für den "bescheidin Smole", Juden zu Luckau, aus.
1430 wird wiederholt zum Reichstag geladen. Von den Kurfürsten erscheinen nur Friedrich I. von Brandenburg, sowie die Landesherrn der bedrohten Gebiete. In der Durchsetzung seiner Forderungen verhält sich Sigmund ambivalent. Am 17. 12. 1431 bekundet Clawis von Reddewicz im Auftrag König Sigmunds den Juden in Luckaw (Luckau) auf fünf Jahre Steuerfreiheit. Namentlich sind erwähnt Kathman Jude, Smohal Jude, Isaac Jude, Abraham Jude, Crasse Judynne einschließlich ihrem Gesinde und Brotessern.
Anläßlich seiner Kaiserkrönung 1433 beansprucht er erneute Schenkungen von den Juden. Um seine Ansprüche durchzusetzen, schickt er nun Vertrauensmänner in die Lande. In Brandenburg soll Martin von Eyb die Zahlungen einfordern. Am 15. 05. 1437 bekennen Thomas Kerntzig, Thomas von Gotlieb und Elias Jud, dass sie von der Königin Barbara zum Einsammeln der Krönungssteuer der Juden ausgesandt sind und geben kraft ihrer Vollmacht Peter Sigelstrang, Ritter in Czyrnobitz den Auftrag von den Juden zu Luckau und Kodweiß die Steuer einzuziehen. Barbara von Cilli war die 2. Ehefrau von Kaiser Sigismund. 1438 erstellt der Jude Nachem Vorschläge für eine differenzierte Besteuerung der Juden im Reich. Sie orientiert sich nach den wirklichen wirtschaftlichen Verhältnissen. So sollen die Juden der Markgrafschaft Brandenburg 5000 Gulden zahlen, während z. B. die Juden von Erfurt 6000 Gulden zahlen sollen.
Erst Anfang/Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Lausitz unterschieden in Ober- und Niederlausitz. Vor allem im 15. Jahrhundert aber auch im 16. Jahrhundert gingen bedeutende Teile der Lausitz an die benachbarten Kurfürstentümer Sachsen und Brandenburg über. 1448 erwirbt Kurfürst Friedrich II. (1440-1471) von der Adelsfamilie Polenz die Niederlausitz. Am 17. 04. 1448 vereignete Friedrich II. den Juden Jordan samt seinen Angehörigen an die Stadt Cottbus. Er versprach, den Juden nicht zu beschatzen und auf alle Rechte zu Gunsten der Stadt zu verzichten. Das Schutzrecht über den Juden Jordan behält er sich aber vor. Am 01. 04. 1459 erscheinen die Jüdin Zyrike und der Rat der Stadt Luckau vor dem Bischof Friedrich von Lebus, Kanzler, in Berlin um Recht sprechen zu lassen. Zyrike Judynne fordert vom Rat zu Luckau angestammtes Erbe ein. 1462 kommt die Niederlausitz in den Besitz des böhmischen Königs Georg von Podiebrad (1458-1471). Am 20. 07. 1467 schreibt Rupertus Pauli, tätig an der Universität zu Leipzig, an den Bürgermeister und die Ratmannen von Luckau. Er bittet sie, ihn bei der Streitsache mit dem Juden Aran aus Luckau zu unterstützen. Im August 1479 schreibt König Matthias von Ungarn und Böhmen an den Bürgermeister und die Ratmannen von Luckau, die Juden ewiglich ungehindert zu lassen, damit der Staat auch ein Nutzen davon haben mochte. Aber schon 1493 erlässt Heinrich Burggraf zu Meißen, Landvoigt der Niederlausitz im Auftrag von König Vladislav II. von Ungarn und Böhmen auf Grund von Beschwerden eine Judenordnung. In dieser wurden die Niederlausitzer Juden nun massiv reglementiert. Ein Passus regelte z. B. die Kennzeichnungspflicht. Sie sollten nun ein gelbes Schild oder Ringle vorn an ihrer Kleidung tragen, damit man sie erkennen möge. Als oberster Jude des Markgraftum Lausitz wird Aaron, Jude zu Luckau bevollmächtigt. Er soll innerhalb der Judenschaft Recht sprechen. 1499 wandte sich der Rat der Stadt Luckau an den Landesherrn Vladislav II., König von Ungarn und Böhmen mit der Bitte, alle Juden aus der Stadt zu entfernen. Am 25. 6. 1499 entspricht Vladislav II. diesem Ansinnen, worauf der Landvoigt am 1. 11. 1499 mitteilt, dass alle Juden, jung und alt, am 8. 3. 1500 die Stadt „Luckaw” verlassen müssen. In Luckau beschreibt 1530 der Mönch Johannes Lindner, dass im Jahr 1500, am 8. März, Juden die Stadt für ewige Zeiten räumen mußten, die "vil in der tuchmachergasse worn". Tuchmachergasse und Judengasse sind nicht mehr einzuordnen, es wird aber angenommen, dass es die heutige Brauhausgasse sein könnte. In Lübben sind Juden schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts nachweisbar. Beurkundet ist dies im Urkundenbuch der Stadt Lübben ab 1497. Wohnhaft waren sie wie üblicherweise in der Judengasse. Sie ging vom damaligen Rathause rechts, dass heißt südwärts von der Hauptstraße ab. Laut Steuerlisten war Lübben in Viertel aufgeteilt. Diese lauteten: das erste firtheil, das ander viertheil, das dritte firtheil, das vierde virtheil, die Luckische furstadt, die newe gasse und die Spreysche furstadt. Die Judengasse lag im vierden virtheil.
16. Jahrhundert
In den Urkunden des Luckauer Stadtarchivs in Regesten, welche bis 1801 erfasst sind, finden sich ab dem 16. Jahrhundert keine Juden betreffende Einträge mehr. Am 10. 12. 1509 nimmt Kurfürst Joachim I. von Brandenburg (1499-1535) 30 Juden in Schutz und Schirm. Darunter ist auch der Jude Nathan in Cottbus, für den das jährliche Schutzgeld 10 Gulden beträgt. 1520 wird in Lübben ein Jude Markus in der Judengasse genannt. Im 16. Jahrhundert waren die Juden in Lübben auch Hausbesitzer. Joseph judynne kauft 1525 vom Christian Becker ein Haus in der Judengasse. Im Zeitraum 1523 - 1526 sind an Hand der Steuereinnahmen folgende jüdische Einwohner bekannt: Meyer jude, David Juda, Koßmann jude u. Koschmannin, Musche judynne auch Muschynne, Joseph jude, Phibus jude, Schmul jude, Marcus jude und Simon jude sowie Simon jude Venediger.
Am 2. 6. 1525 ergeht ein Spruch der Luckauer Schöffen an den Rat zu Lübben. In der Klagesache des Juden Kuschmann gegen den Schuster Lehmann, soll entschieden werden, ob der Jude sein Recht schriftlich einklagen muss und darf. Kuschmann hatte für 8 Reynische Gulden ein Pferd gekauft, welches dann auf der königlichen Straße lahmte.
In den nächsten Jahren werden die Lübbener Juden mehrmals ausgewiesen. 1542 - Am Mittwoch nach Trinitatis (der 1. Sonntag nach Pfingsten) wird der Wächterlohn und das Torsitzergeld eingenommen. Noch wohnen die Juden im Ort. Im Herbst wütet die Pest in Lübben. Am 2. Oktober soll die Geschoß- und Vermögenssteuer eingesammelt werden. Um der Verschleppung der Seuche nicht Vorschub zu leisten, wird diese abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Juden bereits vertrieben. Der Rat zu Lübben hatte verschiedene Häuser von Juden aufgekauft. Der Jude Simon besaß 2 Häuser, wovon das eine in der Judengasse, das andere bei der Badstube liegt. Desweiteren müssen Simon und Schmul ihre Häuser verkaufen. Am 1. 2. 1573 stehen wieder Juden aus Lübben vor den Toren der Stadt Frankfurt a. O. und erbitten schriftlich beim Bürgermeister Zutritt zum Markt und Durchzugserlaubnis.
17. Jahrhundert
Gemäß den Bestimmungen des Prager Friedens (1635) wurde der sächsische Kurfürst mit dem Markgraftum Niederlausitz belehnt, welches aber territorial selbstständig blieb. Der Kurfürst von Sachsen war zugleich der Markgraf der Niederlausitz. 1650 kommen Juden wieder nach Guben und Forst. 1657-1738 wird die Niederlausitz von den Herzögen von Sachsen-Merseburg regiert. Christian I., Herzog zu Sachsen-Merseburg und Markgraf der Niederlausitz, bestätigt im September 1673 die Innungsartikel der Krämergilde. Aus diesen ist ersichtlich, dass es für reisende Händler, insbesondere Juden, unmöglich war in der Niederlausitz zu handeln. Der Krämer musste das Bürgerrecht besitzen. Innerhalb eines 2 Meilen Weges durfte an drei Wochenmärkten und drei Jahrmärkten feil gehalten werden. Fremde Händler die mehr als 2 Meilen Weg hatten, waren nicht berechtigt teilzunehmen. Außerdem brauchten sie die Genehmigung des Bürgermeisters, wenn sie Waren wie die hiesigen Krämer führten. 1673 siedeln sich aus Müllrose stammende jüdische Familien in Friedland an.
18. Jahrhundert
Markgraf Albrecht Friedrich von Brandenburg-Schwedt, Herrscher und Ordensmeister von Friedland genehmigt 1709 für ein entsprechendes Schutzgeld den Zuzug von Juden. 1724 beschweren sich die Luckauer und Lübbener Krämer über das „Tempo” der Friedländer Juden. Während sie auf den Märkten in ihren Buden auf Kundschaft warteten, hausierten die jüdischen Händler bereits Tage vorher durch die Dörfer. Im Juli 1725 wohnen 23 jüdische Familien dort, die wie folgt überliefert sind:
Ascher Salomon, Abraham David, Moses Aaron, Joseph Moses, Bendix Moses, Abraham Jochen, Salomon Abraham, Isaac Samuel, Marcus Jacob, Samuel Pincus, Abraham Jochen, Samuel Hirsch, Manasse Gabriel, Israel Jacob, David Jacob, Levin Simon, Pinkus Levin, Lazarus Philipp, Israel Jacob, Jochen Aaron, Lazarus Mendell, Jacob Seligmann und Levin Manasse. Insgesamt wohnten 101 jüdische Einwohner in Friedland.
Im April 1730 entschied der sächsische Kurfürst, das der jüdische Hausierhandel weiterhin erlaubt bleiben sollte. Davon ausgenommen waren aber die Ortschaften Guben, Luckau, Lübben und Calau.
1763 leben bereits 36 Familien in Friedland. In Cottbus darf sich 1740 die Witwe Kayla Israel Pinkus mit ihrer Familie niederlassen. 1752 werden 14 Juden in Cottbus gezählt. 1746-1748 werden durch die Sächsische Regentschaft Verfügungen erlassen, die den Handel und die Niederlassung von Juden in der Niederlausitz fast unmöglich machen. 1748 wird die Familienzahl der in Friedland lebenden Juden auf zwanzig Familien beschränkt. Eheschließungen müssen (bis 1821) behördlich genehmigt werden. Nach dem Tod des Inhabers einer Konzession durfte nur ein Nachkomme, nicht die Witwe, das Geschäft weiter führen. 1751 setzt sich Graf von der Schulenburg für den Zuzug des Juden Friedemann Ascher in Lieberose ein. Da die Auflagen aber sein Geschäft massiv behindern, verzichtet er. 1759 bietet er der Regierung vergeblich 200 Taler für die Niederlassung in Lübben an. 1761 erhält Friedemann Ascher aus Friedland die Genehmigung sich in Lübben niederzulassen. Der Friedländer Jude Joel Ascher darf in Guben auch außerhalb der Märkte handeln. 1777 darf sich Joseph Löbel mit seiner Familie und zwei Bedienten in Lübben niederlassen. 1788 entsteht die erste Synagoge in Friedland. Dem Schutzjuden Lewin Joachim aus Guben werden 1797 auf Veranlassung der Kirschnergilde der Niederlausitz die Felle weggenommen. 1800 hat Friedland 770 Einwohner darunter 185 Juden, neben der Synagoge gibt es auch ein Badehaus.
19. Jahrhundert
Im Zeitraum 1804-1817 konvertieren diverse Familienmitglieder der Lübbener Juden Ascher und Löbel. Die Taufen fanden in der evangelischen Kirche zu Stöbritz statt und wurden von Pfarrer Groschken durchgeführt. Am 29. 12. 1804 wird der Herr Banquier von Lübben Joseph Löbel, der den Namen Löbenstein Löbel angenommen hat, getauft. Sein 2ter Sohn Salomon, auch Baquier zu Lübben, wird am 19. 02. 1807 getauft. Er nimmt bei der Zeremonie den Namen Robert Löbenstein an.
Am 19. 04. 1806 wird Johanne Louise Zacharias, geb. Ascher getauft. Friedrich Wilhelm Arno, Enkel des 1787 verstorbenen Schutzjuden Friedemann Ascher, erhält seine Taufe am 26. 11. 1815. Seine Schwester Louise Ascher trat am 25. 04. 1817 der christlichen Religion bei. Ihr Vater ist inzwischen Pächter des Frauenberges bei Lübben.
1810 leben in der Niederlausitz nur noch 162 Personen jüdischen Glaubens. 1811 wird in Cottbus an der Mauerstraße im Haus des Tuchhändlers Duch die erste Betstube eingerichtet. 1814 leben in Cottbus 14 Menschen jüdischen Glaubens. Durch Beschluss des Wiener Kongresses von 1815 wird die Niederlausitz preußisch, das Markgraftum wird aufgelöst und das Gebiet der Niederlausitz wird der Provinz Brandenburg angeschlossen und Lübben verliert seine Funktion als Verwaltungssitz der jahrhundertelang autonom gewesenen Region. Die Autonomierechte der Stände wurden danach schrittweise aufgehoben. Um 1816 begann die Reorganisation der Territorialverwaltung, indem man 7 Landkreise (Cottbus, Sorau, Spremberg, Calau, Luckau, Lübben und Guben) einführte. 1817 entsteht der erste jüdische Friedhof in Cottbus. Am Stichtag der Volkszählung von 1818 lebten in der Niederlausitz 288 Juden. 1821 wird in einer Ministerialverfügung die Niederlassung von Juden in Niederlausitzer Städten zugelassen. Dies war als Ausgleich für den nach dem Gewerbesteuergesetz von 1820 verbotenen Hausierhandel gedacht. Im gleichen Jahr erhält eine jüdische Familie die Genehmigung in Lübben eine Schnittwarenhandlung zu eröffnen. 1822 folgt ein zweiter Laden für Materialwaren. In Friedland, der größten jüdischen Gemeinde in der Niederlausitz, wird 1823 eine neue Synagoge errichtet. 1828 besuchen verschiedene israelitische Untertanen aus Calau, Friedland und Lieberose den Jahrmarkt in Lauban. (Lauban wurde 1815 dem Regierungsbezirk Liegnitz der Provinz Schlesien zugeordnet). Dort versuchen Mitglieder der Bürgerwehr ihre Buden zu umstellen, um sie beim Einzelhandel zu behindern. Die Händler beschwerten sich daraufhin beim königlichen Ministerium über das Verhalten des Magistrat von Lauban. In der Folge wird am 19.09.1828 in einem Rescript (allerhöchster Bescheid) bekannt gegeben, dass allen in den preußischen Staaten ansässigen jüdischen Einwohnern der Einzelverkauf ihrer Waren auf den Jahrmärkten in den vormals sächsischen Städten und Marktflecken zu gestatten sei. 1829 wird verfügt, dass nach dem Tode eines konzessionierten Friedländer Juden alle Söhne den selbstständigen Handel in den erlaubten Gewerben ausüben durften.
1837 entstehen in Guben die Synagoge und der jüdische Friedhof. Nach einem Plan von 1837 gab es in Spremberg westlich vom Marktplatz die Jüdengasse. In einer Verbindungsgasse zum Markt, über deren Eingang sich ein Torhaus befand, lagen die Fleischbänke. In Lübben wird 1838 der jüdischen Gemeinde ein Begräbnisplatz vor der Stadt zugewiesen. Dort wurden auch die Luckauer und Calauer Juden bestattet. In östlicher Richtung, Richtung Dahme, wurde Mitte des 19. Jh. in Meinsdorf ein jüdischer Friedhof errichtet. 1850 leben in Finsterwalde 7 Personen jüdischen Glaubens, 1857 sind es bereits 30 Personen. In Lübben bilden 1850 die vorhandenen 27 jüdischen Einwohner noch keine Corporation. Sie haben in einem Privathause einen Betsaal. Auch jüdische Lehrer finden in diversen Dokumenten im 19. Jahrhundert Erwähnung. Bekannt sind: Israel Josephsohn (1843), Samuel Michael Wahlberg (vor 1847), Gabriel Herzberg (1855-1860), Abraham Roseno (1862), Abraham Lewitzky (1877-1881), Isidor Feibel (1885) und Elieser Feilchenfeld (bis mind. 1897). Die 5 Juden, welche in Lieberose leben, halten sich zur Synagoge in Friedland. Die 14 Kalauer Juden und aus der Umgebung halten ihre gottesdienstlichen Zusammenkünfte im Hause eines jüdischen Kaufmanns. 1853 wird die Lübbener Synagogen-Gemeinde gegründet. Zur Gemeinde gehören die Juden von Friedland, Schönwalde, Luckau und Lieberose. 1857 wird in Lübben die neue Synagoge eingeweiht. Diese befand sich in der Isaack' schen Gasse, der späteren Schulgasse. Um die Jahrhundertwende entsteht in der heutigen Kirchstraße ein Neubau. 1863 sind von 212 Schülern der Lübbener Realschule 11 jüdischer Religion. Im öffentlichen Gymnasium von Luckau gibt es 1868 unter 226 Schülern 1 jüdischen Schüler. 1871 ist Max Wahrenberg Vorstand in der Synagogen-Gemeinde. Auch Moses Mosse, wohnhaft in Lübben, ist im Vorstand. Der Kaufmann Wilhelm Wolff prägt ab 1878 bis in das 20. Jh. als Vorsteher das jüdische Leben in der Stadt. In Heft 8 der Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums kann man 1867 lesen: Dr. J. Horowitz aus Krakau tritt die Nachfolge des Rabbiner Dr. P. Buchholz in Friedland (Brandenburg) an. Diese Mitteilung zeigt, das die Friedländer Juden zu dieser Zeit noch eine Filiale betrieben.
Seit Gründung des Kreises Crossen war Sommerfeld (Lubsko, Polen) stets die größte Stadt. 1850 hat die jüdische Gemeinde 48 Mitglieder und auch einen eigenen Schächter. 1859 kauft die jüdische Gemeinde Sommerfeld die alten Synagogenutensilien aus Sagan (Schlesien). 1939 - Sommerfeld hatte 10.578 Einwohner, wohnten noch 14 Juden dort. Nach Aussage von Einwohnern befand sich der jüdische Friedhof an der heutigen Przemyslowa Straße am Ortsausgang. Es sollen noch Reste von Grabsteinen vorhanden gewesen sein. Heute stehen dort eine Tankstelle und ein Supermarkt. 12 km südwestlich von Lubsko befindet sich der kleine Ort Jasionna (Jessen). In der Jessenmühle war bis ca. 1941 ein Jugend-Aliyah Lager untergebracht. Die Einrichtung unterstand dem PAL-Amt und bereitete Jugendliche auf eine Auswanderung nach Palästina vor. Neben der täglichen Arbeit in der Landwirtschaft wurden sie in Hebräisch und jüdischer Geschichte unterrichtet. Bis zur Auflösung befand sich auch Hans Rosenthal mit ca. 40 Jugendlichen dort. Hans Rosenthal, der bekannte Fernsehmoderator, überlebte versteckt in einer Laubenkolonie in Berlin. 1771 wurde der erste Jude, der Schnittwarenhändler Wolf Kaspar, in Crossen ansässig. Erst 80 Jahre später (1851) erhielt Crossen eine Synagoge. Im März des Jahres 1897 findet zum Gedächtnis an den 100. Geburtstage von Kaiser Wilhelm I. in der hiesigen Synagoge in Crossen ein Gedenkgottesdienst statt. Die vollklassige Realschule hält am 09.03.1899 ihre erste Abgangsprüfung ab. Darunter befindet sich auch Willy Lesser. Bereits 1914 verliert er sein Leben auf den Schlachtfeldern für Deutschland. Der Kaufmann Max Treuherz kauft 1902 ein Haus am Markt. Der jüdische Hilfslehrer Moses Calvary wird 1908 vom Magistrat in die Oberlehrerstelle am Realprogymnasium gewählt. Der Schüler Rosenbaum besteht 1914 die Schlußprüfung am Realprogymnasium. Oberlehrer Calvary unternimmt eine Studienreise nach Palästina und wird dafür freigestellt. Der Kaufmann Hugo Lesser kauft 1918 das "Gasthaus zum Stern" in der Hospitalstraße, 1919 ein Haus in der Junkerstraße. Das Kolonialwaren- und Destillationsgeschäft von Nathan Jacoby am Markt wird von Julius Drucker und Heinrich Pincus erworben. Am 10.11.1938 brennt die Synagoge nieder.