11. Jahrhundert
Die Lausitzer Mark bildete sich
im 11. Jahrhundert und wurde von den Markgrafen aus dem Geschlecht
der Wettiner verwaltet. Noch bis ins 12. Jahrhundert beanspruchten
auch die polnischen Könige
das Gebiet für ihr Reich und konnten
zeitweise den östlichen Teil auch beherrschen.
13. Jahrhundert
1265 erlässt
Markgraf von Meißen als Landesherr der Lausitz eine Judenordnung,
die den Schutz der Juden in der Region regelt. Im 13.
und 14. Jahrhundert war die
Lausitz zwischen den meißnischen
Wettinern und den Askaniern der Wittenberger und der Brandenburger Linie
umstritten. Eine jüdische Siedlung soll sich schon im 13. Jahrhundert
an der
östlichen Stadtgrenze, zunächst außerhalb der bürgerlichen
Stammsiedlung in Guben befunden haben.
14. Jahrhundert
Am 13. 10. 1319 verleiht Herzog Rudolf von Sachsen der Stadt Guben das
Recht, dass die jetzt und später in ihr wohnenden Juden gleich anderen
Bürgern "czu der stat rechte" sitzen sollen. 1336 kommt
es zwischen Rudolf von Sachsen und den Städten
Berlin-Cölln
zu Unstimmigkeiten wegen einem Juden. Sein Kammerknecht Schmolke wurde
gefangen gehalten, weil er eine Schuldforderung gegen die Bürger
der Städte einfordern
sollte. Der Herzog lenkt ein und spricht die Städte von ihrer Schuld
frei. Ob
in der Lausitzer Mark 1348 wie in der Mark Brandenburg in Folge
des Ausbruchs der Pest Judenverfolgungen stattfinden, ist umstritten.
Ludwig der Römer (1351-1365), Markgraf Ludwig II. und Kurfürst
von Brandenburg erhält 1351 durch Tausch die Niederlausitz. Da er
verschuldet ist, verpfändet er 1360 das Land Lausitz an die Markgrafen
Friedrich, Balthasar, Ludwig und Wilhelm von Meißen. Aber auch
Juden werden an Städte
oder Einzelpersonen verpfändet. Die Juden zu Luckau und zu Guben
wurden für
150 Mark brandenburgischen Silbers an den Bürger
Tyle von Kalowe (Thilo von Kalow) zu Luckau verpfändet. 1367
integrierte Kaiser Karl IV. die Lausitz in die böhmische
Krone, deren Nebenland es bis zum Prager Frieden (1635) blieb. 1389 nahm Landvogt Jeschko Lubolitz, früher Hauptmann zu Luckau, viele Juden in die Stadt auf gegen eine jährliche Abgabe, die sie ihm entrichten mussten, während sie anderwärts hart bedrückt und verfolgt wurden.
15. Jahrhundert
1408 beurkunden die Fleischhauer und die Juden zu Guben eine Schlachtordnung.
4 Juden dürfen Schlachtbänke betreiben und nur diese dürfen
Vieh kaufen. Sigmund von Luxemburg, seit 1410 römisch-deutscher
König,
erleidet in den Hussitenkriegen massive Mißerfolge. Um die erforderlichen
militärischen und finanziellen Mittel für den böhmischen
Feldzug zu erlangen, lädt er im Sommer 1422 die Reichsstände
nach Nürnberg ein. Kein Reichsangehöriger
sollte sich diesem Ansinnen entziehen. Da von den
Juden keine persönlichen
Kriegsdienste gefordert werden, sollen sie Geldbeiträge leisten.
Im September des Jahres verpfändet
er das Fürstentum Lausitz mit allen Schlössern und Städten
an Hans von Polenz, weil er bei ihm 7859 Schock Groschen Schulden hat.
1423 wird die außerordentliche
Judensteuer erlassen (der dritte Pfennig von ihrem Gut), welche aber
die Zustimmung des jeweiligen Landesherrn bedurfte. Die Mehrzahl der
Reichsstände
verhielt sich dem Steuergesetz gegenüber
zurückhaltend oder gar ablehnend. Am 18. 2. 1425 stellten verschiedene
Bürger und Herren von Luckau gemeinschaftlich eine Verschreibung über
die Summe von 80 Schock für den "bescheidin Smole", Juden
zu Luckau, aus.
1430 wird wiederholt zum Reichstag
geladen. Von den Kurfürsten erscheinen nur Friedrich I. von Brandenburg,
sowie die Landesherrn der bedrohten Gebiete. In der Durchsetzung seiner
Forderungen verhält sich Sigmund ambivalent. Am 17. 12. 1431 bekundet
Clawis von Reddewicz im Auftrag König Sigmunds den Juden in Luckaw
(Luckau) auf fünf
Jahre Steuerfreiheit. Namentlich sind erwähnt Kathman Jude, Smohal
Jude, Isaac Jude, Abraham Jude, Crasse Judynne einschließlich ihrem
Gesinde und Brotessern.
Anläßlich
seiner Kaiserkrönung
1433 beansprucht er erneute Schenkungen von den Juden. Um seine Ansprüche
durchzusetzen, schickt er nun Vertrauensmänner in die Lande. In
Brandenburg soll Martin von Eyb die Zahlungen einfordern. Am 15. 05. 1437 bekennen Thomas Kerntzig, Thomas von Gotlieb und Elias Jud, dass sie von der Königin Barbara zum Einsammeln der Krönungssteuer der Juden ausgesandt sind und geben kraft ihrer Vollmacht Peter Sigelstrang, Ritter in Czyrnobitz den Auftrag von den Juden zu Luckau und Kodweiß die Steuer einzuziehen. Barbara von Cilli war die 2. Ehefrau von Kaiser Sigismund. 1438 erstellt
der Jude Nachem Vorschläge für eine differenzierte Besteuerung
der Juden im Reich. Sie orientiert sich nach den wirklichen wirtschaftlichen
Verhältnissen.
So sollen die Juden der Markgrafschaft Brandenburg 5000 Gulden
zahlen, während z. B. die Juden von Erfurt 6000 Gulden zahlen sollen.
Erst Anfang/Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Lausitz unterschieden
in Ober- und Niederlausitz. Vor allem im 15. Jahrhundert aber auch im
16. Jahrhundert gingen bedeutende Teile der Lausitz an die benachbarten
Kurfürstentümer
Sachsen und Brandenburg über.
1448 erwirbt Kurfürst Friedrich II. (1440-1471)
von der Adelsfamilie Polenz die Niederlausitz. Am 17. 04. 1448 vereignete
Friedrich II. den Juden Jordan samt seinen Angehörigen an die Stadt
Cottbus. Er versprach, den Juden nicht zu beschatzen und
auf alle Rechte zu Gunsten der Stadt zu verzichten. Das Schutzrecht über
den Juden Jordan behält er
sich aber vor. Am 01. 04. 1459 erscheinen die Jüdin Zyrike und der
Rat der Stadt Luckau vor dem Bischof Friedrich von Lebus, Kanzler, in
Berlin um Recht sprechen zu lassen. Zyrike Judynne fordert vom Rat zu
Luckau angestammtes Erbe ein. 1462
kommt die Niederlausitz in den Besitz des böhmischen
Königs
Georg von Podiebrad (1458-1471). Am 20. 07. 1467 schreibt Rupertus Pauli,
tätig an der Universität zu Leipzig, an den Bürgermeister
und die Ratmannen von Luckau. Er bittet sie, ihn bei der Streitsache
mit dem Juden Aran aus Luckau zu unterstützen. Im August 1479 schreibt
König Matthias
von Ungarn und Böhmen an den Bürgermeister und die Ratmannen
von Luckau, die Juden ewiglich ungehindert zu lassen, damit der Staat
auch ein Nutzen davon haben mochte. Aber
schon 1493 erlässt
Heinrich Burggraf zu Meißen, Landvoigt der Niederlausitz im Auftrag
von König
Vladislav II. von Ungarn und Böhmen auf Grund von Beschwerden eine
Judenordnung. In dieser wurden die Niederlausitzer Juden nun massiv reglementiert.
Ein Passus regelte z. B. die Kennzeichnungspflicht. Sie sollten nun ein
gelbes Schild oder Ringle vorn an ihrer Kleidung tragen, damit man sie
erkennen möge. Als
oberster Jude des Markgraftum Lausitz wird Aaron, Jude zu Luckau bevollmächtigt.
Er soll innerhalb der Judenschaft Recht sprechen. 1499 wandte sich
der Rat der Stadt Luckau an den Landesherrn Vladislav II., König
von Ungarn und Böhmen mit der Bitte, alle Juden
aus der Stadt zu entfernen. Am 25. 6. 1499 entspricht Vladislav II. diesem
Ansinnen, worauf der Landvoigt am 1. 11. 1499 mitteilt, dass alle Juden,
jung und alt, am 8. 3. 1500 die Stadt „Luckaw” verlassen
müssen.
In Luckau beschreibt 1530 der Mönch Johannes
Lindner, dass im Jahr 1500, am 8. März, Juden die Stadt für
ewige Zeiten räumen mußten,
die "vil in der tuchmachergasse worn". Tuchmachergasse und
Judengasse sind nicht mehr einzuordnen, es wird aber angenommen, dass
es die heutige Brauhausgasse sein könnte. In Lübben sind Juden schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts nachweisbar. Beurkundet ist dies im Urkundenbuch der Stadt Lübben ab 1497. Wohnhaft waren sie wie üblicherweise in der Judengasse. Sie ging vom damaligen Rathause rechts, dass heißt südwärts von der Hauptstraße ab. Laut Steuerlisten war Lübben in Viertel aufgeteilt. Diese lauteten: das erste firtheil, das ander viertheil, das dritte firtheil, das vierde virtheil, die Luckische furstadt, die newe gasse und die Spreysche furstadt. Die Judengasse lag im vierden virtheil.
16. Jahrhundert
In den Urkunden des Luckauer Stadtarchivs in Regesten, welche bis
1801 erfasst sind, finden sich ab dem 16. Jahrhundert keine Juden
betreffende Einträge mehr. Am 10. 12. 1509 nimmt
Kurfürst
Joachim I. von Brandenburg (1499-1535) 30 Juden in Schutz und Schirm.
Darunter ist auch der Jude Nathan in Cottbus, für den das jährliche
Schutzgeld 10 Gulden beträgt. 1520 wird in Lübben ein Jude
Markus in der Judengasse
genannt. Im 16. Jahrhundert waren die Juden in Lübben
auch Hausbesitzer. Joseph judynne kauft 1525 vom Christian Becker ein Haus in der Judengasse. Im Zeitraum 1523 - 1526 sind an Hand der Steuereinnahmen folgende jüdische Einwohner bekannt: Meyer jude, David Juda, Koßmann jude u. Koschmannin, Musche judynne auch Muschynne, Joseph jude, Phibus jude, Schmul jude, Marcus jude und Simon jude sowie Simon jude Venediger.
Am 2. 6. 1525
ergeht ein Spruch der Luckauer Schöffen
an den Rat zu Lübben. In der Klagesache des Juden Kuschmann gegen
den Schuster Lehmann, soll entschieden werden, ob der Jude sein Recht
schriftlich einklagen muss und darf. Kuschmann hatte für
8 Reynische Gulden ein Pferd gekauft, welches dann auf der königlichen
Straße lahmte.
In den nächsten Jahren werden die Lübbener
Juden mehrmals ausgewiesen.
1542 - Am Mittwoch nach Trinitatis (der 1. Sonntag nach Pfingsten) wird der Wächterlohn und das Torsitzergeld eingenommen. Noch wohnen die Juden im Ort. Im Herbst wütet die Pest in Lübben. Am 2. Oktober soll die Geschoß- und Vermögenssteuer eingesammelt werden. Um der Verschleppung der Seuche nicht Vorschub zu leisten, wird diese abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Juden bereits vertrieben. Der Rat zu Lübben hatte verschiedene Häuser
von Juden aufgekauft. Der Jude Simon besaß 2 Häuser, wovon das eine in
der Judengasse, das andere bei der Badstube liegt. Desweiteren müssen Simon und Schmul ihre Häuser verkaufen. Am 1. 2. 1573
stehen wieder Juden aus Lübben
vor den Toren der Stadt Frankfurt a. O. und erbitten schriftlich beim
Bürgermeister
Zutritt zum Markt und Durchzugserlaubnis.
17. Jahrhundert
Gemäß den Bestimmungen
des Prager Friedens (1635) wurde der sächsische
Kurfürst mit dem Markgraftum
Niederlausitz belehnt, welches aber territorial selbstständig
blieb. Der Kurfürst von Sachsen war zugleich der Markgraf der
Niederlausitz. 1650 kommen Juden wieder nach Guben und Forst. 1657-1738
wird die Niederlausitz von den Herzögen von Sachsen-Merseburg
regiert. Christian I., Herzog zu Sachsen-Merseburg und Markgraf der
Niederlausitz, bestätigt
im September 1673 die Innungsartikel der Krämergilde.
Aus diesen ist ersichtlich, dass es für reisende Händler,
insbesondere Juden, unmöglich war in der Niederlausitz zu handeln.
Der Krämer musste
das Bürgerrecht besitzen. Innerhalb eines 2 Meilen
Weges durfte an drei Wochenmärkten und drei Jahrmärkten feil
gehalten werden. Fremde Händler die mehr als 2 Meilen Weg hatten,
waren nicht berechtigt teilzunehmen. Außerdem brauchten sie die
Genehmigung des Bürgermeisters, wenn sie Waren wie die hiesigen
Krämer führten.
1673 siedeln sich aus Müllrose
stammende jüdische
Familien in Friedland an.
18. Jahrhundert
Markgraf Albrecht Friedrich von Brandenburg-Schwedt, Herrscher und Ordensmeister
von Friedland genehmigt 1709 für ein entsprechendes Schutzgeld den Zuzug
von Juden. 1724 beschweren sich die Luckauer und Lübbener Krämer über das „Tempo” der
Friedländer Juden. Während sie auf den Märkten in ihren Buden auf Kundschaft
warteten, hausierten die jüdischen Händler bereits Tage vorher durch die Dörfer.
Im Juli 1725 wohnen 23 jüdische
Familien dort, die wie folgt
überliefert sind:
Ascher Salomon, Abraham David, Moses Aaron, Joseph Moses, Bendix Moses, Abraham
Jochen, Salomon Abraham, Isaac Samuel, Marcus Jacob, Samuel Pincus, Abraham Jochen,
Samuel Hirsch, Manasse Gabriel, Israel Jacob, David Jacob, Levin Simon, Pinkus
Levin, Lazarus Philipp, Israel Jacob, Jochen Aaron, Lazarus Mendell, Jacob Seligmann
und Levin Manasse. Insgesamt wohnten 101 jüdische Einwohner in Friedland. Im
April 1730 entschied der sächsische Kurfürst, das der jüdische
Hausierhandel weiterhin erlaubt bleiben sollte. Davon ausgenommen waren aber
die Ortschaften Guben, Luckau, Lübben und Calau.
1763
leben bereits 36 Familien in Friedland. In Cottbus darf sich 1740 die Witwe Kayla
Israel Pinkus mit ihrer Familie niederlassen. 1752 werden 14 Juden in Cottbus
gezählt.
1746-1748 werden durch die Sächsische
Regentschaft Verfügungen erlassen, die den Handel und die Niederlassung
von Juden in der Niederlausitz fast unmöglich machen. 1748 wird die Familienzahl
der in Friedland lebenden Juden auf zwanzig Familien beschränkt. Eheschließungen
müssen
(bis 1821) behördlich genehmigt werden. Nach dem Tod des Inhabers einer
Konzession durfte nur ein Nachkomme, nicht die Witwe, das Geschäft weiter
führen. 1751 setzt
sich Graf von der Schulenburg für den Zuzug des Juden Friedemann Ascher in
Lieberose ein. Da die Auflagen aber sein Geschäft massiv behindern, verzichtet er.
1759 bietet er der Regierung vergeblich 200 Taler für die Niederlassung in Lübben an. 1761 erhält Friedemann Ascher aus Friedland die Genehmigung sich in Lübben niederzulassen.
Der Friedländer Jude Joel Ascher darf in Guben auch außerhalb der Märkte handeln. 1777 darf sich Joseph Löbel
mit seiner Familie und zwei Bedienten in Lübben niederlassen. 1788 entsteht
die erste Synagoge in Friedland. Dem Schutzjuden Lewin Joachim aus Guben werden
1797 auf Veranlassung der Kirschnergilde der Niederlausitz die Felle weggenommen. 1800 hat Friedland 770 Einwohner darunter 185 Juden, neben der Synagoge gibt es auch ein Badehaus.
19. Jahrhundert
Im Zeitraum 1804-1817 konvertieren diverse Familienmitglieder der Lübbener Juden Ascher und Löbel. Die Taufen fanden in der evangelischen Kirche zu Stöbritz statt und wurden von Pfarrer Groschken durchgeführt. Am 29. 12. 1804 wird der Herr Banquier von Lübben Joseph Löbel, der den Namen Löbenstein Löbel angenommen hat, getauft. Sein 2ter Sohn Salomon, auch Baquier zu Lübben, wird am 19. 02. 1807 getauft. Er nimmt bei der Zeremonie den Namen Robert Löbenstein an.
Am 19. 04. 1806 wird Johanne Louise Zacharias, geb. Ascher getauft. Friedrich Wilhelm Arno, Enkel des 1787 verstorbenen Schutzjuden Friedemann Ascher, erhält seine Taufe am 26. 11. 1815. Seine Schwester Louise Ascher trat am 25. 04. 1817 der christlichen Religion bei. Ihr Vater ist inzwischen Pächter des Frauenberges bei Lübben.
1810 leben in der Niederlausitz nur noch 162 Personen jüdischen
Glaubens. 1811 wird in Cottbus an der Mauerstraße
im Haus des Tuchhändlers
Duch die erste Betstube eingerichtet. 1814 leben in Cottbus 14 Menschen
jüdischen Glaubens. Durch Beschluss des Wiener Kongresses von
1815 wird die Niederlausitz preußisch,
das Markgraftum wird aufgelöst
und das Gebiet der Niederlausitz wird der Provinz Brandenburg angeschlossen
und Lübben verliert seine Funktion als Verwaltungssitz der jahrhundertelang
autonom gewesenen Region. Die Autonomierechte der Stände wurden
danach schrittweise aufgehoben. Um 1816 begann die Reorganisation der
Territorialverwaltung, indem man 7 Landkreise (Cottbus, Sorau, Spremberg,
Calau, Luckau, Lübben
und Guben) einführte. 1817 entsteht der erste jüdische Friedhof
in Cottbus. Am Stichtag der Volkszählung
von 1818 lebten in der Niederlausitz 288 Juden. 1821 wird in einer
Ministerialverfügung
die Niederlassung von Juden in Niederlausitzer Städten zugelassen.
Dies war als Ausgleich für den nach dem Gewerbesteuergesetz von
1820 verbotenen Hausierhandel gedacht. Im gleichen Jahr erhält
eine jüdische
Familie die Genehmigung in Lübben eine Schnittwarenhandlung zu
eröffnen.
1822 folgt ein zweiter Laden für Materialwaren. In Friedland,
der größten
jüdischen Gemeinde in der Niederlausitz, wird 1823 eine neue Synagoge
errichtet. 1828 besuchen verschiedene israelitische Untertanen aus Calau, Friedland und Lieberose den Jahrmarkt in Lauban. (Lauban wurde 1815 dem Regierungsbezirk Liegnitz der Provinz Schlesien zugeordnet). Dort versuchen Mitglieder der Bürgerwehr ihre Buden zu umstellen, um sie beim Einzelhandel zu behindern. Die Händler beschwerten sich daraufhin beim königlichen Ministerium über das Verhalten des Magistrat von Lauban. In der Folge wird am 19.09.1828 in einem Rescript (allerhöchster Bescheid)
bekannt gegeben, dass allen in den preußischen Staaten ansässigen jüdischen Einwohnern der Einzelverkauf ihrer Waren auf den Jahrmärkten in den vormals sächsischen Städten und Marktflecken zu gestatten sei. 1829 wird verfügt,
dass nach dem Tode eines konzessionierten Friedländer Juden alle
Söhne
den selbstständigen Handel
in den erlaubten Gewerben ausüben durften.
1837 entstehen in Guben die Synagoge und der jüdische Friedhof. Nach einem Plan von 1837 gab es in Spremberg westlich vom Marktplatz die Jüdengasse. In einer Verbindungsgasse zum Markt, über deren Eingang sich ein Torhaus befand, lagen die Fleischbänke. In Lübben wird 1838 der jüdischen Gemeinde ein Begräbnisplatz vor der Stadt zugewiesen. Dort wurden auch die Luckauer und Calauer Juden bestattet. In östlicher Richtung, Richtung Dahme, wurde Mitte des 19. Jh. in Meinsdorf ein jüdischer Friedhof errichtet. 1850 leben in Finsterwalde 7 Personen jüdischen Glaubens, 1857 sind es bereits 30 Personen. In Lübben bilden 1850 die vorhandenen 27 jüdischen Einwohner noch keine Corporation. Sie haben in einem Privathause einen Betsaal. Auch jüdische Lehrer finden in diversen Dokumenten im 19. Jahrhundert Erwähnung. Bekannt sind: Israel Josephsohn (1843), Samuel Michael Wahlberg (vor 1847), Gabriel Herzberg (1855-1860), Abraham Roseno (1862), Abraham Lewitzky (1877-1881), Isidor Feibel (1885) und Elieser Feilchenfeld (bis mind. 1897). Die 5 Juden, welche in Lieberose leben, halten sich zur Synagoge in Friedland. Die 14 Kalauer Juden und aus der Umgebung halten ihre gottesdienstlichen Zusammenkünfte im Hause eines jüdischen Kaufmanns. 1853 wird die Lübbener
Synagogen-Gemeinde gegründet. Zur Gemeinde gehören die Juden
von Friedland, Schönwalde,
Luckau und Lieberose. 1857 wird in Lübben die neue Synagoge eingeweiht.
Diese befand sich in der Isaack' schen Gasse, der späteren Schulgasse. Um die Jahrhundertwende entsteht in der heutigen Kirchstraße ein Neubau. 1863 sind von 212 Schülern der Lübbener Realschule 11 jüdischer Religion. Im öffentlichen Gymnasium von Luckau gibt es 1868 unter 226 Schülern 1 jüdischen Schüler. 1871 ist Max Wahrenberg Vorstand in der Synagogen-Gemeinde. Auch Moses Mosse, wohnhaft in Lübben, ist im Vorstand. Der Kaufmann Wilhelm Wolff prägt ab 1878 bis in das 20. Jh. als Vorsteher
das jüdische Leben in der Stadt. In Heft 8 der Monatsschrift für Geschichte
und Wissenschaft des Judentums kann man 1867 lesen: Dr. J. Horowitz aus Krakau
tritt die Nachfolge des Rabbiner Dr. P. Buchholz in Friedland (Brandenburg) an. Diese Mitteilung
zeigt, das die Friedländer Juden zu dieser Zeit noch eine Filiale betrieben.
Seit Gründung des Kreises Crossen war Sommerfeld (Lubsko, Polen) stets die größte Stadt. 1850 hat die jüdische Gemeinde 48 Mitglieder und auch einen eigenen Schächter. 1859 kauft die jüdische Gemeinde Sommerfeld die alten Synagogenutensilien aus Sagan (Schlesien). 1939 - Sommerfeld hatte 10.578 Einwohner, wohnten noch 14 Juden dort. Nach Aussage von Einwohnern befand sich der jüdische Friedhof an der heutigen Przemyslowa Straße am Ortsausgang. Es sollen noch Reste von Grabsteinen vorhanden gewesen sein. Heute stehen dort eine Tankstelle und ein Supermarkt. 12 km südwestlich von Lubsko befindet sich der kleine Ort Jasionna (Jessen). In der Jessenmühle war bis ca. 1941 ein Jugend-Aliyah Lager untergebracht. Die Einrichtung unterstand dem PAL-Amt und bereitete Jugendliche auf eine Auswanderung nach Palästina vor. Neben der täglichen Arbeit in der Landwirtschaft wurden sie in Hebräisch und jüdischer Geschichte unterrichtet. Bis zur Auflösung befand sich auch Hans Rosenthal mit ca. 40 Jugendlichen dort. Hans Rosenthal, der bekannte Fernsehmoderator, überlebte versteckt in einer Laubenkolonie in Berlin.
1771 wurde der erste Jude, der Schnittwarenhändler Wolf Kaspar, in Crossen ansässig. Erst 80 Jahre später (1851) erhielt Crossen eine Synagoge. Im März des Jahres 1897 findet zum Gedächtnis an den 100. Geburtstage von Kaiser Wilhelm I. in der hiesigen Synagoge in Crossen ein Gedenkgottesdienst statt. Die vollklassige Realschule hält am 09.03.1899 ihre erste Abgangsprüfung ab. Darunter befindet sich auch Willy Lesser. Bereits 1914 verliert er sein Leben auf den Schlachtfeldern für Deutschland. Der Kaufmann Max Treuherz kauft 1902 ein Haus am Markt. Der jüdische Hilfslehrer Moses Calvary wird 1908 vom Magistrat in die Oberlehrerstelle am Realprogymnasium gewählt. Der Schüler Rosenbaum besteht 1914 die Schlußprüfung am Realprogymnasium. Oberlehrer Calvary unternimmt eine Studienreise nach Palästina und wird dafür freigestellt. Der Kaufmann Hugo Lesser kauft 1918 das "Gasthaus zum Stern" in der Hospitalstraße, 1919 ein Haus in der Junkerstraße. Das Kolonialwaren- und Destillationsgeschäft von Nathan Jacoby am Markt wird von Julius Drucker und Heinrich Pincus erworben. Am 10.11.1938 brennt die Synagoge nieder. |